Selbstwert - was ist das eigentlich?

Angesehene Vertreter der Psychologie, wie William James, Heinz Kohut oder Carl Rogers haben schon früh erkannt, dass der Selbstwert eine wichtige Komponente für die psychische Gesundheit darstellt.

Aber was genau ist der Selbstwert eigentlich?

Der Selbstwert setzt sich aus den Wertungen der eigenen Person und der Charakteristiken, die eine Person ausmachen, zusammen. Laut William James ist das Selbstwertgefühl das Resultat von persönlichen Durchbrüchen und Siegen sowie Fehlschlägen und der Haltung, die ein Mensch gegenüber dem Leben hat. Er ist das, was Menschen glauben lässt, dass sie liebenswert sind, dass sie als Mensch einen Wert haben.

Der Selbstwert kann durch äußere Einflüsse entstehen, wie z.B. Lob und Anerkennung sowie Likes und Shares auf Social-Media-Kanälen oder guten Bewertungen beim Jahresgespräch mit dem Vorgesetzten. Dann spricht man von einem kontingenten Selbstwert.

„Ich bin nur in Ordnung, wenn …“ - diese Art von Selbstwert ist an bestimmte Bedingungen geknüpft, die meist der eigenen Kontrolle entfallen. So können Menschen mit einem kontingenten Selbstwert von diesen Einflussfaktoren abhängig werden. Wenn diese Menschen bestimmte Erwartungen nicht erfüllen, leidet ihr Selbstwertgefühl, und es entstehen Scham-, Schuld- und Angstgefühle, welchen sie versuchen entgegenzuwirken, in dem sie ihr labiles Ego gegen Drohungen und Gefahren schützen.

So wie ich bin, bin ich vollkommen in Ordnung.

Das nichtkontingente Selbstwertgefühl ist tief in jedem Menschen verankert und ist von inneren und äußeren Komponenten unabhängig. Eine Person, die insgesamt ein gutes Gefühl für sich selbst und ihre Rolle im Leben hat, wird dies höchstwahrscheinlich ein Leben lang beibehalten und es wird einen großen Einfluss auf die Aktionen haben, die sie unternimmt. Gleichzeitig dient dieses gute Gefühl dazu, Niederlagen zu überstehen und sich neuen Herausforderungen zu stellen.

Der Selbstwert kann schwanken oder durch Lebensereignissen und persönliche Krisen kurz- oder längerfristig beeinflusst werden. So gibt es Studien, die zeigen, dass, wenn Menschen von ihren Beziehungspartner/innen verlassen werden, sie einen minimierten Selbstwert aufweisen. Personen, die nicht so sehr von äußeren Faktoren abhängig sind, können sich schneller mit diesem Rückschlag abfinden und sich auf ihren nicht kontingenten Selbstwert berufen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der wahrgenommene Selbstwert hoch subjektiv und abhängig von variablen und möglicherweise fehlerhaften Einschätzungen ist, ohne dass eine objektive Grundlage gegeben ist.

Wenn es sprachlich genau genommen wird, dann wird korrekterweise von Selbstwertempfinden, Selbstwertschätzung oder Selbstbewertung gesprochen, da der tatsächliche Wert seiner Selbst nie angesprochen wird, sondern immer die Rede von der subjektiven Selbstwertschätzung ist.

Willst du deinen Selbstwert fördern?

Dann frag dich:

“ Was weiß ich ganz sicher?”

“Wie lautet meine Punch Line/Motto? (z.B. “Shine on you crazy diamond.”, “Love. Live. Laugh.”)?”

“Welches Grundgefühl will ich in mir tragen?”

Wenn du dich auf deine Antworten auf diese Fragen fokussierst und dir regelmäßig ins Bewusstsein rufst, dann wird es für dich leichter, Herausforderungen zu meistern, selbstsicherer auszutreten und fürsorglicher mit dir selbst zu sein.


Dies ist ein modifizierter Auszug aus meiner Bachelorarbeit “Sich seiner Selbst bewusst sein”.


Die Quellen sind in der Reihenfolge der Nutzung aufgeführt.

Coon, D. J. (2000). Salvaging the self in a world without soul: William James's The Principles of Psychology. History of Psychology, 3(2), 83-103.

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Boeree, C. G. (1998). Persönlichkeitstheorien. Carl Rogers. Shippensburg University, USA.

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James, W. (1892/1999). The self. In Baumeister, R. F. (Ed.), The self in social psychology. Philadelphia, PA: Psychology Press, 69-77.

Chmielewski, F. & Hanning, S. (2021). Therapie-Tools Selbstwert. Weinheim: Beltz Verlag.

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