Sich seiner Selbst bewusst sein - was ist das eigentlich?

Wenn das Selbstkonzept als der Stamm eines Baumes betrachtet wird, welcher damit einhergeht, sich seiner Selbst bewusst zu sein, dann können die Begriffe Selbstwert, Selbstbewusstsein, Selbstwirksamkeit, Selbstmitgefühl und Selbstachtung als Äste betrachtet werden, welchen den Baum in seiner individuellen Schönheit erblühen lassen.

Durch die Auseinandersetzung mit sich selbst, kann z.B. das Selbstbewusstsein gesteigert werden. Dadurch werden die anderen Selbstbegriffe auch beeinflusst und verändern sich infolgedessen. Es ist so, als ob die förderliche Beschäftigung mit dem einen Selbstbegriff zum Wachstum der anderen beiträgt. Als selbstbewusster Mensch achtet man mehr auf seine eigenen Bedürfnisse und respektiert diese. Sogleich kümmert man sich um sich selbst besser, welches u.a. mit einem erhöhten Selbstwert, einer gesteigerten Selbstwirksamkeit und zusätzlichem Selbstmitgefühl einhergeht.

Zu beachten ist, dass ein unverhältnismäßig hohes Selbstbewusstsein zur Instabilität des Selbstkonzepts führt, in dem die Agierenden sich überschätzen können. Eine überhöhte Konzentration auf den eigenen Selbstwert kann dazu führen, dass die Betroffenen sich von der Außenwelt abwenden und eine zu starke Ausprägung der Selbstwirksamkeit kann zu einem dysfunktionalen Durchhaltevermögen führen.

Die Selbstbegriffe greifen ineinander und haben aufeinander Einfluss. So bedeutet die Stärkung oder Schwächung eines Asts, dass auch die anderen Äste betroffen sind. Auch beim Ziel, sich seiner selbst bewusster zu werden, ist ein ausgeglichenes Maß von Bedeutung. Personen, die sich ihrer selbst in jedem Augenblick bewusst sind, neigen zu Stress und werden oft durch Gefühle der Nervosität begleitet.

Selbstbewusstsein ist der Schlüssel, der Gedanken in Taten umsetzt.
— Robert Petty, Professor für Psychologie an der Ohio State University

Sich seiner Selbst bewusst sein ist mit Handeln verbunden. Es ist mit der Tatkraft verbunden und dem Glauben, dass der Mensch etwas schaffen und erreichen kann. Es bedeutet, dass trotz Ängsten gehandelt wird, die durch den eigenen Körper pulsieren und einen zu übermannen scheinen. Es ist die Bereitschaft, einen Rückschlag zu erleiden und wieder aufzustehen. Es ist der Mut, aus der eigenen Komfortzone rauszugehen und schwierige Dinge zu tun. Gleichzeitig geht es um Beherrschung, Disziplin und Widerstandsfähigkeit. Selbstbewusstsein ist kein Zuckerschlecken. Wer über Selbstwirksamkeit verfügt, verfolgt seine Ziele trotz Niederlagen, wer seinen Selbstwert kennt, nimmt Kritik nicht persönlich, sondern sieht es als Hilfestellung, sich weiterzuentwickeln, wer sich selbst achtet, akzeptiert keine Schlupflöcher und fragwürdige Abkürzungen und wer sich selbst so annehmen kann wie er ist, grübelt nicht über das, was er falsch gemacht hat, sondern reflektiert, wie er es das nächste Mal besser machen kann.

Jeder Mensch trägt das Potenzial für seine persönliche Entfaltung in sich und hat die Möglichkeit, sich seiner Selbst mehr und mehr bewusst zu werden.

Du auch.


Dies ist ein modifizierter Auszug aus meiner Bachelorarbeit “Sich seiner Selbst bewusst sein”.



Die Quellen sind in der Reihenfolge der Nutzung aufgeführt.

Dillon, R. S. (1997). Self-respect: Moral, emotional, political. Ethics, 107(2), 226-249.

Ferkany, M. (2008). The educational importance of self‐esteem. Journal of Philosophy of Education, 42(1), 119-132.

Zulkosky, K. (2009). Self‐efficacy: a concept analysis. Nursing forum (Vol. 44(2), 93-102

Barry, C. T., Loflin, D. C. & Doucette, H. (2015). Adolescent self-compassion: Associations with narcissism, self-esteem, aggression, and internalizing symptoms in at-risk males. Personality and Individual Differences, 77, 118-123.

Neale, M. A. & Bazerman, M. H. (1985). The effects of framing and negotiator overconfidence on bargaining behaviors and outcomes. Academy of Management Journal, 28(1), 34-49.

Smith, R. (2002). Self‐esteem: the kindly apocalypse. Journal of Philosophy of Education, 36(1), 87-100.

Heslin, P. A. & Klehe, U. C. (2006). Self-efficacy. Encyclopedia Of Industrial/Organizational Psychology, SG Rogelberg (2nd ed.), 705-708.

Scheick, D. M. (2011). Developing self-aware mindfulness to manage countertransference in the nurse-client relationship: an evaluation and developmental study. Journal of Professional Nursing, 27(2), 114-123.